<-back to the concert

27.09.2005 / Potsdam

Esther Ofarim singt sich zurück

Begeistertes Publikum im Nikolaisaal

HANNE LANDBECK

Die Bühne ist dunkel, leise schleicht ein schwarz gekleideter Herr zum Flügel. Schlägt ein paar Töne an. In diese erwartungsvolle Finsternis tritt schüchtern fast der Star des Abends: Rot leuchtet das Feuer ihres Schopfes über der blassen Haut des jugendlich wirkenden Gesichts, ihr Körper ganz in schwarz gehüllt. Ohne Introduktion beginnt die mittlerweile 64jährige, als habe es nie ein Altern gegeben, zu singen, von der Liebe, der Angst, der Liebste könne gehen. Die Gefühle werden klar, rein und über Esther Ofarims Stimme durchaus glaubwürdig transportiert. Das Publikum im voll besetzten Saal ist sofort auf ihrer Seite, ihre schüchterne Mädchenhaftigkeit wird durch Vertrauen und Begeisterung belohnt.

So war das immer, Esther Ofarims zurückgenommene Präsenz hat einen umwerfenden Charme, der auch vierzig Jahre nach ihrer ersten Karriere, die sie damals mit Abi Ofarim aus Israel in die gesamte Welt katapultierte, noch wirkt. Sparsam sind ihre Bewegungen, minutiös eingesetzt unterstützen sie die Modulationen ihrer Stimme.

Ihre Liebe

ist international


Das Programm ist eine Mischung aus israelischen Liedern, Beatles- und Weill-Songs, eine Komposition aus großen Gefühlen und ironischer Distanzierung. Wenn es - auch durch die Geigentöne von Michail Paweletz - manchmal an den Rand des Kitsches gelangt, schafft es die kleine Frau, durch nur eine Handbewegung die Dinge wieder ins Lot zu rücken.

Ihre Liebe ist international, mal englisch, mal französisch, mal hebräisch. Es gibt für Israel den Frieden "I bring you peace", aber auch die Trauer um ein Mädchen: in dem Randy-Newman-Song "In Germany before the war", in dem ein Geschäftsmann sehnsüchtig über den Rhein schaut und letztendlich das kleine Mädchen mit dem goldenen Haar und den grauen Augen tötet.

Dann erste Bravo-Rufe,

erstes Trampeln


Nach dem September-Song von Kurt Weill kassiert Ofarim bescheiden, aber erfreut, erste Bravo-Rufe und erstes Trampeln.

Ebenfalls schlicht sind die Bühneneffekte, nur manchmal wird mehr Licht auf die Vierergruppe gegeben, und dann dürfen auch die Herren in den Vordergrund. Allen voran ihr langjähriger Songpartner Yoni Rechter am Flügel, der ihr Chorbegleitung gibt.

Alles legt Ofarim in ihre Stimme, Angst, Trauer, Sehnsucht, Ironie. Scheinbar naiv geht es zu, wenn sie das französische Kinderlied "Do, do, enfant do" durch ihren Gesang zum großen Klangerlebnis werden lässt und dadurch zeigt, dass sie auch auf kleinste Regungen achtet. Ihr Freiheitsdrang jubiliert im Beatles-Song "She is leaving home" übermütig, triumphal zieht die Frau von Zuhause aus.

Die Unterschiedlichkeit der Lieder wird allein durch die Person zusammengehalten: ihr Stil ist sie selbst. Auf Bitten des stehend applaudierenden Publikums gibt sie nach nur 70 Minuten Konzert drei Zugaben, verschmitzt auf ihren ehemaligen Erfolg anspielend, intoniert sie "In the morning of my life", um danach erstmals deutsch zu singen: "Leise zieht durch mein Gemüt". Sicher hat sie da die Gemüter der Zuhörer im Griff, aber auch die verstehen, als sie sie mit "Guten Abend, gute Nacht" freundlich, aber bestimmt, in den lauen Abend entlässt.


Hanne Landbeck, taken from www.maerkischeallgemeine.de

<-back to the concert


www.esther-ofarim.de